Special: Kritik an der Kritik

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In den letzten zwei Wochen habe ich zwei Lobeshymnen auf „The Kid“ von Charlie Chaplin und „Die Sieben Samurai“ von Akira Kurosawa geschrieben. Gleichzeitig nahm ich „Infinity War“ auseinander und allgemein meckere ich sehr viel über das aktuelle Kino. Da kam bei mir eine Frage auf: „Wie sehr beeinflusst mich der Status eines Filmes bei meiner Bewertung?“ Es folgt der Versuch einer kritischen Selbsteinschätzung. Wie gesagt: Ein Versuch…

  • Beispiel: Infinity War

Warum schreibe ich diesen Beitrag überhaupt? Naja, es hat einen gewissen Hintergrund. Als der neueste Streifen aus dem Hause Marvel in die Kinos kam, erreichte der Hype natürlich auch mich. In so einer Situation tat ich das einzig richtige: Die Bewertung auf ImdB nachprüfen. Mittlerweile hat sich „Avengers 3“ dort auf Platz 15 der besten Filme aller Zeiten festgesetzt. Zum selben Zeitpunkt gab es in meinem Twitter-Feed viel Aufregung über den Film. Welchen Status bekam der Film damit in meinem Kopf? Die Leute, welche oft mit mir einer Meinung sind, waren vom Streifen enttäuscht, während natürlich die ganzen Fanboys auf ImdB 10er Wertungen verteilt haben. Dafür sprach auch der eher mäßige Metascore. Durch die ganzen Eindrücke, gepaart mit meiner eigenen Vorab-Meinung, entstand eine geringe Erwartungshaltung. Als ich den Film dann gesehen habe, ging ich trotzdem enttäuscht aus dem Kino. Ich bin mal ganz ehrlich. Als der Abspann lief, war mein erster Gedanke: „Wusste ich doch, dass der Film nicht gut ist“. Natürlich habe ich versucht dem Film die Fehler zu verzeihen und einfach Spaß im Kino zu haben, immerhin habe ich dafür auch bezahlt. Als ich dann die Kritik geschrieben habe, kam bei mir dann das Gefühl auf nicht „Infinity War“ zu bewerten, sondern dem Status des Films in meiner eigenen Wahrnehmung nachzureden.

Da mich dieses unwohle Gefühl nicht losgelassen hat, begebe ich mich mal auf Fehlersuche. Mal das ganz Offensichtliche zu Erst: Natürlich ist es keine gute Idee, die Bewertung eines Films im Vorfeld zu überprüfen. Bei unbekannten Streifen kann man das mal machen, aber hier hat die 9/10 eher einen schlechten Effekt gehabt. Fehler Nr. 2 kennt wahrscheinlich jeder, denn immerhin ist die „Filter-Bubble“ ein riesiges Problem unserer Zeit. Da kritisiert meine liebste Kinosendung den Film über zwei Stunden, der intellektuelle Kritiker ist sowieso dagegen und selbst ein Nerd-Youtuber nimmt den Streifen halb auseinander. Aber drückten die ganzen Eindrücke meine Erwartungen nicht so weit nach unten, dass eine Enttäuschung ausgeschlossen war? Oder stand meine Beurteilung schon vor dem Kinobesuch so fest, dass eine andere Kritik gar nicht möglich war?

  • Nächstes Beispiel: Ran

Vor ein paar Wochen habe ich zum ersten Mal einen der größten japanischen Filmklassiker nachgeholt. „Ran“ von Akira Kurosawa hat in der Geschichte einen ziemlich festen Platz als Meisterwerk. Bevor ich mir diesen Film angesehen habe, wusste ich um diesen Fakt. Das ist auch kaum vermeidbar, Immerhin schaut ja auch keiner „Der Pate“ und weiß nicht um die Bedeutung dieses Werkes. Youtuber, Kritiker, Literatur – alle gaben ein einheitliches Bild ab: Diesen Film muss ich lieben! Eines Abends habe ich mir dann selber ein Bild gemacht und ich war komplett begeistert. Die Bildsprache, die Erzählstruktur, die Darsteller – einfach alles hat gepasst. Auch hier stellt sich wieder die Frage: Mag ich den Film auf Grund meines eigenen Geschmacks oder wegen der Beeinflussung von außen?

Ein anderer Punkt kam mir beim Beispiel von „Ran“ auch noch in den Sinn. Ich bin 23 Jahre alt und meckere über das Kino von Heute und liebe viele große Meisterwerke der Filmgeschichte. Das ist jetzt vielleicht nicht einmalig, aber wenn ich so in meinen Freunden- und Bekanntenkreis schaue, dann sehe ich da schon einen großen Unterschied zu den meisten. Stehe ich vielleicht der Beeinflussung von großen Kritikern offener gegenüber, als jemand der alle großen und kleinen Klassiker der Filmgeschichte schon gesehen hat? Stehe ich dem mehrheitlichen Geschmack meiner Generation so weit gegenüber, dass eine gewisse Anti-Haltung einfach sein muss?

  • Die unspektakuläre Auflösung

Jetzt habe ich mir selber mal ein paar Fragen gestellt und relativ schnell wurde mir klar, die Lösung ist nicht Schwarz oder Weiß. Jedoch weiß ich, dass mir „Infinity War“ nicht gefallen hat und ich sehr viel Spaß mit „Ran“ hatte. Ist es dann überhaupt wichtig, wie groß die Beeinflussung und der Status des Films waren? Verdammt, jetzt habe ich schon wieder eine Frage aufgeworfen… Den Weg von der ersten Meinung bis zur abschließenden Bewertung finde ich allerdings sehr interessant. Oftmals ändert sich auf diesem Weg relativ wenig. Einer gewissen Beeinflussung kann sich wohl keiner entziehen, schon gar nicht wenn man im Internet unterwegs ist. Außerdem ist eine komplette Objektivität in keinem Bereich möglich und auch nicht wirklich wünschenswert. Immerhin bedeuten Filme auch immer Emotionen und wer liebt nicht die Diskussionen über die Streifen von Heute und Damals. Jedoch kann eine kleine Reflektion auf den eigenen Filmgeschmack und die eigenen Bewertungen nicht schaden. Wenn man das Problem kennt, kann man auch besser dagegen angehen. Erste Schritte wären da weniger auf die Punktzahl zu achten, Kritiken (auch spoilerfreie) erst nach der eigenen Bewertung zu lesen und das große Filmlexikon nicht als den heiligen Gral zu betrachten. Gleichzeitig kann man auch den Status des Films in der eigenen Wahrnehmung bewusst annehmen. Ich weiß, dass Film X ein großes Meisterwerk sein soll und das Streifen Y niemanden gefällt. Der Film selber muss es aber schaffen mich zu überzeugen. Immerhin gibt es genug Beispiele, bei der ich mit meiner Kritik alleine dastehe. Aber das Kapitel „Filme die alle toll finden und ich es absolut nicht verstehen kann“ schlage ich ein anderes Mal auf.

16 Comments

  1. Über dieses „Problem“ habe ich mir auch schon meine Gedanken gemacht. Mir selbst passiert es sehr oft, dass meine Erwartungen an einen Film (wo auch immer diese her kommen mögen) bestimmen wie mir eben dieser gefällt oder eben nicht. Mein Lieblingsbeispiel hierfür ist „Lala Land“. Ich habe mich bei der Sichtung sehr über den Film geärgert. Wenn ich ehrlich bin aber nicht über den Film selbst, sondern eher über die Tatsache dass alle den Film lieben nur gefühlt ich nicht. Das Kinoerlebnis war für mich daher sehr negatv belastet. Der Film als solcher ist meiner Meinung nach jedoch keineswegs schlecht. In Punkten ausgedrückt vielleicht 6/10 oder so. GEFÜHLT waren es aber nur 3 oder 4.

    Nun stellt sich die Frage wie man damit umgeht. Wenn ich Texte über Filme lese, kommt es mir leider oft so vor als würden die Autoren sich hinter möglichst objektiven Kriterien verstecken. Die Kostüme sind toll. Schauspielerin X spielt hervorragend. Der Soundtrack war sehr bunt und lustig. Die Kampfszenen aufwending choreografiert. Aha. Und wie hat der Film dir nun gefallen? Eher nicht so gut. Besonders krass finde ich das immer bei den alljährlichen Jahresbestenlisten, von den ich ja eigentlich ein großer Fan bin. Da tauchen oft Filme auf, bei denen folgende Erklärungen hinzugefügt wurde.

    „Auch wenn der Film mir persönlich nicht gefallen hat, gehört er auf jeden Fall zu den besten Komödien des Jahres und ist mein Platz 9.“ Oder so… Ich finde das absurd. Hier wird demonstrativ versucht sich von der eigenen Meinung zu distanzieren. Vielleicht ist hier der wahre Einfluss der Allgemeinheit die treibende Kraft. Der Film war insgesamt beliebt/erfolgreich. Mir hat er nicht gefallen. Die Mehrheit hat Recht. Also muss er auf meine Liste.

    Funktioniert auch anders rum. „Auch wenn ich den Film gar nicht so schlecht fand, gehört XY leider zu den unnötigsten und schwächsten des letzten Jahres“ Was soll das? Entweder ich mochte Jurassic World oder eben nicht. Beides ist ok und nachvollziehbar. Aber zu sagen: Ich fand ihn gut aber *objektiv* ist er schlecht, macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Du merkst ich bin kein Freund des Begriffs „Guilty Pleasure“.

    „Immerhin bedeuten Filme auch immer Emotionen und wer liebt nicht die Diskussionen über die Streifen von Heute und Damals. Jedoch kann eine kleine Reflektion auf den eigenen Filmgeschmack und die eigenen Bewertungen nicht schaden.“

    Absolut. Ich lese hier in den Blogs viel lieber wie meinen Kollegen ein Film gefallen hat und warum. Also was sie dabei gefühlt haben und wie sie den Film erlebt haben. Manchmal vebinden Leute etwas mit einem Film, das ich zuvor gar nicht bemerkt habe und meine Sicht auf den Film nachträglich verändert. Andere Texte, die mir mehr oder weniger vorschreiben wollen wie ich einen Film zu sehen habe, lese ich in der Regel gar nicht.

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    1. Vielen Dank für die Antwort, da sind gleich viele interessante Ansätze dabei 🙂
      Ich gebe dir vollkommen recht, was diese Phrasen angeht. Jedoch kann ich auch nicht ausschließen, dass ich so Sätze wie „der Film hat mich nicht gepackt, aber die schauspielerische Leistung war super“ benutze. Diese Flucht in die Objektivität macht für mich aber auch manchmal Sinn z.B. wenn ich nicht genau weiß, wie mir ein Film gefällt und ich für mich selber Pro und Contra aufzähle. So letztes Mal passiert bei „Star Wars 8“.

      Da kommt es aber auch auf den eigenen Anspruch an. Will ich mit meinen Blog informieren oder meine eigenen Erlebnisse teilen und mit anderen besprechen. Letzteres ist zwar auch mein Ansatz, aber oftmals habe ich noch das Gefühl etwas zum Drehbuch, Schauspieler, Kamera o.ä. zu schreiben. Einfach nur der Vollständigkeit halber. Bpsw. versuche ich bei meinen „Besten Filmen aller Zeiten“ anderen zu erklären, warum ich diese Filme so gut fand und da bringe ich dann auch objektive Argumente. Im besten Fall bin ich mal der Typ, der andere beim Filme gucken beeinflusst 😀

      Ich liebe Toplisten und Jahresbesten-Listen, aber solche Phrasen sind wirklich vollkommen unnötig und sollte ich jemals so etwas benutzen, bitte ich um viel Kritik in den Kommentaren 🙂

      Deinen Schluss-Absatz kann ich so unterstreichen. Der Austausch ist mir deutlich wichtiger als irgendwelche journalistische Sorgfalt oder Objektivität. Immerhin haben wir hier einen Ort, wo wir vernünftig kritisieren und diskutieren können. So was gibt es ja auch nicht häufig im Internet 😀

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      1. „Da kommt es aber auch auf den eigenen Anspruch an. Will ich mit meinen Blog informieren oder meine eigenen Erlebnisse teilen und mit anderen besprechen. Letzteres ist zwar auch mein Ansatz, aber oftmals habe ich noch das Gefühl etwas zum Drehbuch, Schauspieler, Kamera o.ä. zu schreiben. Einfach nur der Vollständigkeit halber.“

        Das ist auch absolut verständlich und sinnvoll. Beim Lesen von Einträgen mancher Kollegen (nicht du) habe ich jedoch das Gefühl, dass sie eine Art Schablone abarbeiten. Zwei Sätze zur Kamera, einen Abschnitt, in dem alle wichtigen Figuren und daíe dazugehörigen Schauspieler bewertet/beschrieben werde, ein paar Zeilen zum Drehbuch und dann noch eine Bemerkung zur Musik usw. Am Ende waren dann alle Teile gut, aber der Film hat trotzdem nicht gefallen und es gibt insgesamt 5 Sterne. Was soll ich als Leser mit so einem Text anfangen? Anders herum macht das wie du auch schon sagst viel mehr Sinn. Beschreiben wie man einen Film erlebt hat und dann anhand von kriterien begründen warum.

        Ich habe ganz aktuell einen Beitrag zu „Erin Brockovich“ verfasst und darin beschrieben warum mir der Film so gut gefällt. In den Kommentaren hat mich dann jemand darauf aufmerksam gemacht, dass ich vergessen habe den großartigen Albert Finney in einer der wichtigsten Nebenrollen zu erwähnen. Hab ich tatsächlich. Ich würde jetzt lügen, wenn ich sagen würde das wäre geplant gewesen. Aber ich habe nachträglich darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass die auf jeden Fall gute Leistung Finneys für MEIN Filmerlebnis keine große Reevanz hatte. Der Film hätte mir wahrscheinlich auch ohne ihn gefallen. Deswegen habe ich ihn wohl vergessen zu erwähnen.

        Was ich damit sagen will: Dinge einfach nur der Vollständigkeit halber zu erwähnen halte ich für wenig sinnvoll. Allerings stört es wohl auch keinen. Letztendlich sucht sich jeder ja ohnehin die Kritiker/Autoren/Blogger aus, mit deren Beiträgen man selbst am meisten anfangen und für sich den größten Nutzen daraus ziehen kann.

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  2. Schöner Beitrag, zu dem mir gleich mehrere Dinge einfallen:
    1. Bewertungen auf imdb kann man inzwischen komplett vergessen, weil sich jeder Film, der nicht super gehypt oder total scheisse ist, zwischen 6,9 und 7,6 einpendelt.
    2. So etwas wie Objektivität gibt es im Bereich der Kulturkritik nicht mal ansatzweise. Unsere Wahrnehmung und unser Geschmack sind absolut subjektiv, weshalb man sich nicht gegen Einflüsse von außen wehren kann.
    3. Um diesen Einfluss möglichst gering zu halten, verzichte ich mittlerweile auch viele auf Kritiken zu Filmen, die ich noch sehen will. Letztlich kann das aber nicht verhindern, dass ich immer mit einer gewissen Erwartungshaltung an ein Werk heran gehe.
    4. Es hat bei mir auch Überwindung gebraucht, aber man muss sich nicht verstecken, wenn man mit seiner Meinung nicht dem „Mainstream“ entspricht. (Mein jüngstes Lieblingsbeispiel: Call ma by your Name) Wichtig ist nur, dass man seine Meinung auch begründen kann.
    5. Stimme dir in deiner Schlussfolgerung zu 🙂

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    1. Auf die Idee, seine Antwort zu nummerieren hätte ich auch mal kommen können. Viel übersichtlicher 😀
      1. Die Zahlen auf Bewertungsplattformen kann man wirklich vergessen. Aber ganz ehrlich: Zumindest nach dem Kinobesuch geht mein Blick oft in die ImdB oder Letterbox-App, um entweder meine Meinung bestätigt zu bekommen oder um mich unnötig aufzuregen.
      2. Da bin ich etwas anderer Meinung. Tatsächlich halte ich einen Grad von Objektivität möglich in der Kultur. Abseits der Meinung kann man das „Handwerk Film“ mit objektivitäten Maßstäben bewerten. Fragt sich nur wie viel das bringt, wenn jeder einen Film auf seine Art sieht. So kann man bspw. „Mad Max“ eine dumme Story vorwerfen, aber das war mir bei diesem Action-Feuerwerk egal. Beim ersten „Deadpool“ hat mich die Story furchtbar aufgeregt und es war anderen egal. Objektiv kann man also z.B. den Drehbüchern wenig Kreativität oder abgenutzte Storys vorwerfen, dass muss aber 0,0 Auswirkung auf die eigene Meinung haben.
      3. Seine Erwartungen kann man gar nicht ausschalten. Allein der Titel kann schon eine Erwartungshaltung hervorrufen. Jedoch kann es ein Film schaffen, meine Erwartungen überflüssig zu machen. Im positiven und negativen Sinn.
      4. Wichtiger Punkt: Begründen! Ich finde es zwar auch interessant, wenn jemand einen Film gut oder schlecht findet, aber dann wüsste ich auch gerne warum. Dann kann man auch darüber diskutieren, ohne den anderen unbedingt von seiner Meinung überzeugen zu wollen. Für diesen Austausch sind wir ja alle zum Teil auch hier.

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      1. Ich schreibe jetzt mal nur noch zu den Punkten, zu denen ich was zu sagen habe ^^
        1. Letterboxd ist nochmal was ganz anderes. Da ist die Community gefühlt deutlich kleiner und weniger oberflächlich als bei imdb. Mich persönlich interessiert da auch weniger die Durchschnittsmeinung, sondern die von den Leuten, denen ich folge. Da kann ich das zumindest halbwegs einordnen.
        2. Sobald es ums Bewerten geht, ist es meiner Meinung nach schon nicht mehr objektiv. Man kann Kamerawinkel, Lichtstimmung, Musikeinsatz, Figurenpräsenz u.ä. messen bzw. erfassen – das ist dann tatsächlich objektiv. Aber sobald ich dem einen Stempel zwischen „gut“ und „schlecht“ aufdrücke, sobald ich das werte oder interpretiere, ist es nicht mehr objektiv, sondern rein subjektiv. Wenn ich einer Story wenig Kreativität vorwerfe, dann geschieht das auf Basis meiner bisherigen Filmerfahrung. Wenn Star Wars 7 der erste Star Wars Film ist, den du siehst, wirst du ihn wahrscheinlich für kreativ halten. Aber wer alle anderen kennt, kann ihm zurecht vorwerfen, nur eine Kopie zu sein. Kurzum: Sobald eine (Be)Wertung im Spiel ist, ist das nicht mehr objektiv.

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        1. Mit dem Herrn Filmlichter habe ich mich darauf verständigt, dass Objektivität bis zu einem gewissen Grad möglich ist. Wo dieser „Grad“ ist, da hat wieder jeder seine subjektive Meinung zu 😀
          Beispiel Star Wars: Wenn man bei Star Wars VII sagt, die Geschichte ist wenig kreativ, dann ist es zum Teil auch objektiv. Immerhin ist es ja eine Saga und eine fortlaufende Geschichte. Da kann man den Mittelteil nicht einfach so bei der Bewertung rausnehmen. Es sei denn, man hat die anderen nicht gesehen. Im Prinzip gebe ich dir aber Recht. Die Fimlerfahrung ist extrem beeinflussend in der Bewertung.

          Um das ganze abschließend zu klären, müsste man die Begriffe Subjektivität und Objektivität erstmal abschließend ganz genau klären, dann jeden einzelnen Bereich des Films durchgehen usw. Die Mühen sind mMn aber vollkommen sinnlos, denn ich lese viel lieber voll subjektive Kritiken, als pseudo-objektive Kritiken.

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  3. Ein sehr schöner Beitrag, zu dem ich auch ein paar ungeordnete Gedanken beitragen will:

    Es ist ein komisches Gefühl, wenn man in einem Film sitzt, den (scheinbar) der Rest der Welt toll findet und man selbst fragt sich, ob die wirklich densleben gesehen haben. Oder ob man selbst etwas übersieht. Aber jede Art von Kulturrezeption ist immer subjektiv und das eigentlich Spannende am Kritikenschreiben ist für mich etwas tiefer zu ergründen, was genau für mich die Faszination (oder deren Mangel) eines Filmes augemacht hat. Manchmal habe ich schon gemerkt, dass mir ein Film besser gefällt, weil ich über ihn schreibe, weil ich plötzlich tiefer und vor allem anders darüber nachdenke.

    Und natürlich beeinflusst einen das Lesen anderer Rezensionen, sorgt womöglich dafür, dass man Dinge sieht die einem sonst nicht aufgefallen wären, sorgt im „schlimmsten“ Fall dafür, dass man den Film nicht selbst sieht, sondern nur „nachschaut“, was der, in diesem Fall wohl sehr überzeugende Rezensent, einem vorgegeben hat.

    Ich habe meine Probleme mit dem „Einteilen“ von Filmen. Diese hier sind wert, dass man drüber nachdenkt, die hier sind es nicht. Meistens sind die, die es angeblich nicht wert sind, die die von viel mehr Leuten gesehen werde und schon deshalb eine genauere Betrachtung verdienen. Film, wie jede Kunst, steht immer in einem Dreiecksverhältnis: Künstler, Werk und Rezipient. Lassen wir mal aussen vor, ob einer davon tot ist, Künstler (in dem Moment als er das Werk schafft) und Werk bleiben immer gleich, weil aber alle Rezipienten unterschiedlich sind nehmen sie das Werk auch unterschiedlich wahr (das gilt auch für „denselben“ Rezipienten, wenn er 20 oder 45 Jahre alt ist).

    Was ich mit dem ganzen Gestammel sagen will ist wohl: wir als (Hobby-)Kritiker haben nichts anderes zu bieten als unsere Meinung. Wenn wir die aber ehrlich und wohlbegründet darstellen, dann ist das schon was wert. Gerade im internet.

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    1. Tatsächlich glaube ich, dass eine gewisse Objektivität möglich ist. Das Handwerk lässt sich bewerten. Drehbuch unkreativ, weil es dasselbe in Film X und Y schon gibt oder die schauspielerische Leistung ist nicht gut oder Special Effects sehen nicht gut aus (z.B. unrealistisches Wasser). Die Frage ist nur, was bringt einem diese „Objektivität“. Was interessieren mich Drehbuch, Schauspieler und Effekte, wenn ich den Film einfach nur mega geil fand. Einzig zum Sortieren der eigenen Gedanken finde ich solche klassischen Kritikpunkte sinnvoll.

      Guter Punkt: Ich mag einen Film nach dem anschauen und beim schreiben fallen mir viele Fehler ein. Ist mein erstes Gefühl das richtige oder wenn ich ein paar Minuten drüber nachgedacht habe und vielleicht schon wieder von anderen beeinflusst wurde in der Zeit? Ganz allgemein sollte man ehrlich sein beim Kritik schreiben. „Ich fand den Film super, obwohl mir die Fehler bewusst sind“ – solche Sätze sind ja kein Problem, wenn man dann vielleicht noch begründen kann, warum einem der FIlm gefällt oder eben nicht. Außerdem spricht auch nix dagegen, seine Meinung mal zu ändern oder einen großen Film der Geschichte abzufeiern, obwohl es schon 1000 andere vor einem gemacht haben.

      Deinen letzten Absatz kann ich nur so unterstreichen. Vollkommen deiner Meinung 🙂

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      1. Mh, selbst mit dieser Objektivität bin ich nur teilweise einverstanden. Klar, ist die Szene richtig ausgeleuchtet? Ist die Kamera fokussiert? kennen die Schauspieler ihren Text? Das sind so grundlegende Dinge, dass man sie als objektiv betrachten könnte, aber letztlich sind es auch nur „Regeln“, die irgendwann von jemandem wie Godard oder anderen Ikonoklasten widerlegt werden könnten.

        Was „Das Drehbuch ist unkreativ“ für den einen ist, ist „Durch die simplistische Erzählweise verstärkt der Film nur noch die Wirkung seiner zentralen Ideen, die…“

        Klaus Kinski wird ja die Aussage zugeschrieben: „Die sogenannte Klassifizierung von Filmen ist das letzte Stadium der Gehirnerweichung. Es gibt keine wichtigeren oder unwichtigeren Filme. Für den einen ist das wichtig, für den anderen jenes. Es gibt nur entweder Faszination oder keine. Und es ist nicht Sache dieser lästigen Scheißfliegen von selbsternannten Kritikern das zu beurteilen.“

        Ganz so sehe ich es nicht und ich würde vermutlich weniger brüllen als der Kinski aber im Kern trifft „Es gibt nur entweder Faszination oder keine.“ ganz gut.

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        1. Ich wäre für Kinski eine lästige Scheißfliege? Irgendwie nehme ich das jetzt mal als Kompliment 😀

          Wie gesagt, finde ich schon das man die Regeln des Handwerkes bewerten kann. Jeder kann sich darauf verständigen, dass Nicolas Cage overacted und Michael Bay nicht der beste Erzähler von Geschichten ist. Trotzdem werden beide von manchen geliebt und gehasst. Wenn man die Norm verlässt, dann wird der Film viel mehr „anders“ wahrgenommen. Wenn man alles nach der Norm macht, kann es langweilig wirken. So könnte man Marvel-Filmen objektiv sehr oft eine hohe Punktzahl geben, wenn man nur das Handwerk berücksichtigt. Hier gibt es keine Experimente oder Abweichungen vom Gewohnten. Das Ergebnis: Kassenschlager die das breite Publikum liebt.

          Was ich damit sagen will: Ich glaube, dass es eine Objektivität gibt und man könnte z.B. einen Filmbewertungsbogen erstellen. Das macht jedoch 1. keinen Sinn und 2. keinen Spaß. Ich bin also gegen Objektivität, glaube aber, dass sie bis zu einem bestimmten Grad erreichbar ist.

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          1. Wir alle wären für Kinski lästige Scheißfliegen. Und Werner Herzog die lästigste von allen… mann, wenn es zu seinen Lebzeiten Youtube gegeben hätte………

            Und man muss nur Cages Overacting richtig einsetzen, wie der oben erwähnte Herzog in Bad Lieutenant. 😉

            Bei Bay bin ich wirklich gespannt, was man in 30 Jahren über ihn sagen wird. Entweder ist er völlig vergessen oder jemand entdeckt ihn als „Auteur“, dazwischen sehe ich wenig.

            Wir sind so weit glaube ich gar nicht auseinander. „Bis zu einem gewissen Grad ist eine objektive Einschätzung, möglich“ würde ich unterschreiben, ich setze den Grad nur etwas niedriger an. Und damit sind wir bei solchen Nuancen, das wir morgen noch dabei sein könnten… 😉

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