Film Wichteln #4 – Hugo Cabret

Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie hatte ich mir immer eingebildet, dass der Film von Spielberg sei. Kein Wunder, schaut man sich alleine den Trailer an: der nostalgische, leicht zauberhafte Look, die Verheißung eines Abenteuers, das ganze dann noch gepaart mit ganz viel Coming-of-Age-Magie. Wer da nicht sofort an Filme wie E.T. oder A.I. denken muss, der hat diese wohl noch nicht gesehen. Aber weit gefehlt, denn der Herr, der in diesem Fall hinter dem Regiestuhl Platz genommen hat, ist niemand geringerer als Martin Scorsese. Und tatsächlich verstand ich die erste Hälfte des Films über nicht so richtig, was den Schöpfer von Filmen wie Taxi Driver, Good Fellas und The Wolf of Wall Street dazu bewogen hatte, plötzlich dieses kindliche Märchen auf die Leinwand zu bringen. Doch dann kommt irgendwann der große Reveal, Protagonisten eben so wie Zuschauer realisieren plötzlich, was wirklich hinter der Geschichte steckt – und dann hatte mich der Film endlich auch in seinen Bann gezogen. Denn um ganz ehrlich zu sein, zunächst war ich nicht wirklich begeistert. Der Hauptcharakter Hugo rief in mir anfangs eher Frust hervor (bis zum Schluss wurde ich nicht wirklich warm mit ihm und wollte immer wieder laut aufstöhnen weil der Bengel mal wieder seinen Mund nicht aufkriegt), auch die Musik, gerade während der Anfangssequenz, fand ich viel zu aufgesetzt und drüber, und ich konnte einfach nicht erkennen, was mir hier eigentlich erzählt werden sollte. Viele schrullige Figuren wurden eingeworfen, kaum eine spielte irgendeine Rolle, die meisten wirkten ziemlich unsympathisch und agierten oft recht eigenwillig. Soll heißen, nicht nur Hugo hätte ich an mancher Stelle gerne den Hals umgedreht weil er offenbar nicht zu normalen Konversationen und Reaktionen fähig war. Wäre es bis zum Ende so weitergegangen, ich hätte mich wohl noch lange darüber gewundert, wieso jemand diesen Film fürs Wichteln vorgeschlagen hat. Doch dann drehte sich plötzlich der Wind: ein Geheimnis wurde gelüftet, eine Figur bekam eine ganz neue Richtung und auf einmal war das Cineasten-Herz Feuer und Flamme. Denn was als etwas ungelenke Coming-of-Age Geschichte beginnt, entwickelt sich in der zweiten Hälfte zu nichts weniger als einer Liebeserklärung an das Filmemachen selbst – und auch an das Kino. Diese wundervolle Kunstform, die es einem erlaubt in phantastische Welten einzutauchen, mit offenen Augen zu träumen. Dann war mir natürlich auch klar, wieso ein Mann wie Scorsese wahrscheinlich gar nicht anders konnte, als dieses Projekt zu realisieren – und wieso er im Endeffekt genau der Richtige für diesen Job war.   


Wichtel von S&M

Text von Ainu89

Übersicht der Wichtel-Texte

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3 Comments

  1. Die zweite Hälfte könnte ich immer wieder schauen und hat mir persönlich Georges Méliès sehr nahe gebracht. Den hätte ich gerne mal kennengelernt.

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