Erscheinungsjahr: 2018
Herkunft: U.S.A. / Spanien
Regie: Terry Gilliam
Nach über 20 Jahren ist es endlich so weit: Regisseur Gilliam hat sein Traumprojekt gegen jeden Widerstand endlich durchgesetzt. Kranke Hauptdarsteller, Probleme mit den Rechten und die Zerstörung des Sets durch ein Unwetter – Alles am Ende egal, wenn der Film gut geworden ist. Ja, wenn…
- Hat es sich gelohnt?
„The man who killed Don Quixote“ ist kein guter Film. Die Handlung ist aber schon mal O.K. Der Regisseur Toby (Kylo Re…ähh Adam Driver) hat einen kreativen Durchhänger bei den Dreharbeiten zu seinem neuesten Film. Zufällig ist das Dorf in der Nähe, in der er damals seinen Uni-Abschlussfilm über „Don Quixote“ gedreht hat. Dort trifft er seinen ehemaligen Hauptdarsteller (Jonathan Pryce), welcher mittlerweile wirklich denkt, er wäre der berühmte Roman-Held und Toby hält er für seinen Gefährten Sancho Panza. Zusammen begeben sie sich auf eine Odyssee durch die spanische Landschaft. Dabei trifft Protagonist Toby auf alte Bekannte, lernt den verrückten „Quixote“ besser kennen und findet im Laufe der 130 Minuten wieder zu sich selber. Somit ist die Ausgangssituation mal etwas anderes, aber die Motive und die Handlung entwickeln sich immer klassischer. Später wird auch noch ein eindimensionaler Bösewicht eingeführt, dessen arme Frau natürlich von unseren Helden gerettet werden muss. Ich fasse mal zusammen: Alle Figuren bleiben recht blass (besonders bei den Nebencharakteren fällt das auf), die Handlung ist sehr vorhersehbar, die Musik ist viel zu penetrant, die Schnitte teilweise komisch gesetzt, die Laufzeit ist viel zu lang, das letzte Drittel ziemlich unnötig, die Sets nichts besonderes, die Witze teilweise sexistisch und viel zu platt. Ja, dieses Werk kann man bis zur Unendlichkeit zerreißen. Aber da fällt mir, ich sollte vielleicht etwas erwähnen: Ich LIEBE diesen Film!
- Schlagt das Filmhandbuch zu
Warum mag ich Gilliams Film, obwohl ich gerade eine Vielzahl von Schwächen aufgezählt habe. Ganz einfach: Dieses Werk hat mich irgendwann dazu gebracht, mich in diese Welt zu verlieben. Das liegt vor allem an den zwei Hauptdarstellern und der Phantasie des Terry Gilliam. Adam Drivers Verwandlung vom missgelaunten Regisseur zum emphatischen Menschen wird hier als Reise erzählt (wie in vielen anderen Filmen auch). Dabei passt die alte Redewendung „der Weg ist das Ziel“. Mich hat nicht interessiert, ob er seine Traumfrau bekommt und der böse Gegner besiegt wird. Die Wandlung des Hauptcharakters ist hier das faszinierende, während Jonathan Pryce brilliert als alter verrückter Kauz, der die tragische Figur des Mentors einnimmt. Eine Reise, ein alter Mentor, die Wandlung – Irgendwie hat das alles etwas von „Star Wars“? Genau wie ich damals mit kindlichen Augen die Sternensaga verfolgt habe, so hing ich heute an den Lippen von Driver und Pryce. Diese Art der Geschichtenerzählung ist nichts neues, aber hier in handwerklicher Perfektion ausgeübt. Dazu kommt noch die angesprochene Regie von Gilliam. Immer wieder bricht er mit der Erwartungshaltung. Da werden die Untertitel mal kreativ beseitigt, die 4. Wand durchbrochen, eine plötzliche Traumsequenz eingeführt usw. Dadurch verschwimmt die reale Welt immer mehr mit der Phantasie des „Don Quixote“. Windmühle oder Riese?
- Spalter!
Meine Faszination für „The man who killed Don Quixote“ ist schwer zu erklären. Der Vergleich zur kindlichen Begeisterung bei „Star Wars“ trifft es noch am besten. Ein paar Sachen haben mich dann doch noch etwas gestört. Der Handlung fehlen gefühlt ein paar Seiten des Drehbuchs, denn hier gibt es dann doch schon einige „Plotholes“. Gleichzeitig ist der Film auch zu lange geworden, was besonders am letzten Drittel liegt. Gerade bei den letzten Minuten habe ich noch gar keine Meinung, ob ich diese jetzt genial oder schrecklich finde. Nur so viel kann ich sagen: Sie haben mich (wie der Rest des Films) einfach nur fasziniert. Selten hat es ein Film in den letzten Jahren geschafft, dass ich so viel über die Charaktere und die Intensionen des Regisseurs nachgedacht habe. Gleichzeitig wird der Streifen bei vielen anderen auf Abneigung stoßen. Für jetzt vergebe ich mal eine gute, jedoch keine herausragende, Wertung. Diese kann aber in den nächsten Monaten und Jahren steigen, denn Gilliams „Don Quixote“-Version bietet für mich ganz klar Kultpotenzial.
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