Willkommen zum zweiten Teil meiner „Analyse über das Superhelden-Zeitalter“. Natürlich empfehle ich HIER erstmal den ersten Teil zu lesen, bei dem es (in 1200 Wörtern zusammengefasst) um die jüngere Vergangenheit und die aktuellen Zustände von Marvel / DC ging. In dieser Fortsetzung gibt es – um es mit den Worten einer Politikerin zu sagen – „auf die Fresse!“. Neben meiner persönlichen Kritik am Superhelden-Franchise, versuche ich auch einen kleinen Ausblick auf die Zukunft zu wagen.
- Citius, altius, fortius – Schneller, höher, stärker
Fangen wir doch direkt damit an, einen Blick in die Kristallkugel zu wagen. In Hollywood gab es schon immer Genres, die über viele Jahre das Kino bestimmt haben. Während sich an die Zeiten von unzähligen Western- und Monumentalfilmen wohl keiner mehr erinnert, hat auch die jüngere Geschichte solche „Hype-Ären“ hervorgebracht. In den 90ern haben Regisseure wie Quentin Tarantino das Independent-Kino vorangebracht und vor ein paar Jahren haben die Twilight- und Tribute von Panem-Trilogie den Startschuss für unzählige Verfilmungen von „Young Adult“ Büchern ausgelöst. Den absoluten kommerziellen Erfolg im Mainstream haben die Superhelden-Streifen jetzt seit 10 Jahren. Das Universum wird dabei immer größer. Für die Helden der zweiten Reihe werden mittlerweile schon Filme geplant, welche erst im nächsten Jahrzehnt in die Kinos kommen. Diese langfristige Planung ist auch notwendig, denn jeder weiß, dass dieser Erfolg nicht ewig halten wird. Ich kann es nicht beweisen, aber die Disney-Manager werden bestimmt bei jedem neuen MCU-Film richtig nervös. Was passiert wenn ein großer Superheld richtig floppt, weil die Zuschauer einfach genug haben? Dieser Tag wird kommen und die Chancen dafür stehen jetzt gar nicht mal so schlecht. Mit „Infinity War“ geht die nächste Phase des MCU vorbei. Spätestens beim zweiten Teil wird die „Meta-Story“ von 18 Filmen ein Ende finden. Na klar, Disney ist schlau genug, sich etwas Neues einfallen zu lassen oder einen neuen Cliffhanger am Ende des letzten Films zu setzten. Die zweite Variante ist ein Superhelden-Flopp, der durch zu schlechte Qualität ausgelöst wird.
Wie so etwas passiert kann man bei den Kollegen von Warner sehen. Außer „Wonder Woman“ wurden alle DC- Filme nach der „Nolan-Ära“ ziemlich schlecht bewertet. Das zeigte auch Wirkung beim Publikum: „Justice League“ blieb bei den Einspielergebnissen weit hinter den Erwartungen und wurde selbst auch von der Kritik zerrissen. Die Macht von Bewertungsportalen wie ImdB oder Rotten Tomatoes darf nicht unterschätzt werden. Bei Warner Bros. wird man sich über die Zukunft wohl Gedanken machen müssen. Disney hingegen ist schon wieder einen Schritt weiter. Man kann von diesem Konzern halten was man will, aber rein wirtschaftlich sitzen da sehr schlaue Menschen an den Hebeln. Der Aufbau eines eigenen Streaming-Portals und der Kauf von 21th Century Fox zeigen mir eindeutig, dass Disney sich nicht auf sein MCU ausruhen will. Für uns Konsumenten bleibt nur zu hoffen, dass Disney nicht zu übermächtig wird und das Unterhaltungsprogramm bald alleine kontrolliert.
- Possum, sed nolo – Ich könnte, aber ich mag nicht
Die ganzen Hintergründe von Hollywood finde ich persönlich immer sehr interessant, um zu verstehen warum Firmen wie Warner oder Disney handeln, wie sie eben handeln. Aber noch wichtiger als Zuschauerzahlen, Franchise-Pläne und Bewertungsportale ist natürlich nur eins: Meine eigene Meinung! OK, die wird Disney und Warner ziemlich am Arsch vorbei gehen, aber solange die beiden Firmen mir kein Angebot für diesen Blog machen, zähle ich jetzt mal ein paar persönliche Kritikpunkte auf. Wie schon im ersten Teil beschrieben, habe ich vor ca. 5-6 Jahren noch jeden Film des MCU im Kino gesehen. Seit dem hat sich einiges geändert, denn immerhin habe ich den letzten Superhelden auf der großen Leinwand im Mai 2017 gesehen. Das war „Guardians of the Galaxy 2“ und der hat es direkt mal auf Platz 5 meiner Flop-Filme 2017 geschafft. Sicherlich ist er kein schlechter Film, aber ich konnte diesen Streifen einfach nicht genießen. Da ist zum einen das Problem mit dem Humor und der damit verbundenen Lächerlichkeit des gesamten Universums. Ich kann eine fremde, fiktionale Welt nicht ernst nehmen, wenn es selbst die Protagonisten nicht tun. Diese Problematik habe ich aber schon einmal in einem anderen Beitrag ausführlich erklärt (=> Hier).
Das zweite Problem ist eindeutig der Abnutzungseffekt. Ich gehe ins Kino um mich überraschen zu lassen. Ich will neue Geschichten erzählt bekommen, in neue Welten eintauchen und mit den Charakteren eine aufregende Reise erleben. Wenn Filme das schaffen, hat sich der Besuch im Kino gelohnt. Das Gefühl, etwas Neues zu erleben, habe ich bei den aktuellen Filmen des MCU und des DCEU einfach nicht mehr. Dadurch habe ich beim Anschauen viel mehr Zeit, mich auf andere Dinge zu konzentrieren. Deshalb fallen mir eindimensionale Charaktere, eine 08/15-Story und andere Kritikpunkte mehr auf. Wenn ich in einen Film voll eintauchen kann, merke ich solche Probleme meistens gar nicht, weil der Unterhaltungswert alles überschattet. Seit Jahren fallen mir diese „Kleinigkeiten“ bei jedem Superhelden-Film auf und mir kommt es so langsam vor, dass die Macher gar nicht wollen, dass sich da etwas ändert. Warum auch, immerhin sind die Kritiken und der kommerzielle Erfolg weiterhin groß genug. Ganz nach dem Motto „Never change a running System“. So wie es gerade ist, ist es gut und wenn man etwas ändern will, geht man ein unnötiges Risiko ein. Meiner Meinung nach müssen die großen Firmen aber irgendwann diesen Weg gehen, denn sonst platzt die große „Superhelden-Blase“ vielleicht schneller als man denkt.
- Carpe Diem! – Nutze den Tag!
Kommt also bald die große Revolution im Mainstream-Superhelden-Kino? Naja, die Hoffnung stirbt natürlich zu Letzt, aber es wird wohl eher nicht dazu kommen. Lieber geht man mit dem gesamten Franchise unter und startet ein Reboot in 10 – 15 Jahren. Außerdem läuft ja gerade noch alles rund. Die Vergangenheit zeigt aber, dass auch für Genres die ganze Jahrzehnte dominiert haben, irgendwann Schluss ist. Aus der Geschichte kann man aber noch etwas anderes lernen. Nehmen wir als Beispiel das Western-Kino der 40er und 50er Jahre. Irgendwann waren die Zuschauer so übersättigt, dass viele Cowboy-Streifen floppten. Ein paar Jahre später revolutionierte Sergio Leone das Genre mit „Für eine Handvoll Dollar“. Das gab wiederrum den Startschuss für eine neue Ära des Westerns. Aus genau dieser Zeit stammen dann auch die großen Meisterwerke wie z.B. „The Good, the Bad and the Ugly“. Erwartet uns also im Jahr 2030 ein Avengers-Film, der mit Oscars überschüttet wird? Wie gesagt, träumen ist erlaubt, aber viel Hoffnung habe ich nicht.
Dabei wäre es vielleicht gar nicht so schwer. Besonders bei Warner sehe ich da Chancen. Während Disney ihre vorgefertigten Pläne umsetzt, könnte die Konkurrenz neue Wege gehen. Wie wäre es mit „Superman“ von Denis Villeneuve oder eine „ab 18“ Version von „Suicide Squad“. Im Ansatz wird so etwas schon versucht. Besonders „Logan“ muss man da lobend erwähnen. Hugh Jackman hat mit seinem letzten Auftritt als Wolverine den für mich besten Superhelden-Film der letzten Jahre abgeliefert. Der Film zeigt zwei Dinge auf: Erstens, dass so etwas auch sehr erfolgreich sein kann und zweitens, dass solche Versuche konsequent durchgezogen werden müssen. Sonst kommt so etwas wie „Deadpool“ raus. Es reicht halt nicht auf eine normale Superhelden-Geschichte Blut und schmutzige Witze zu packen. OK, rein kommerziell und für die meisten Kritiker hat es wohl doch gereicht. Ich sehe da aber noch so viel ungenutztes Potenzial und so viele kreative Ideen, welche noch umgesetzt werden können. Genau das ist es auch, was für viele der schwarze Fleck im Gesamtbild ist. Ich freue mich für jeden, der die aktuellen Superhelden-Filme genießen kann. Ich kann es fast nicht mehr. Zu viel Standard, zu wenig Entwicklung und so viel Luft nach oben. Das Potenzial von Marvel und DC ist riesig, aber es wird nur ein Bruchteil genutzt. Es klingt vielleicht blöd, aber wenn man im Kino sitzt und die ganze Zeit darüber nachdenkt, wie toll und anders es seien könnte, raubt es zumindest mir den Spaß. Dabei brauche ich keine Revolution, sondern nur ein bis zwei Helden im Jahr, die einen kreativen und innovativen Aspekt in das gesamte Franchise reinbringen.
Und wie sieht es bei euch aus? Könnt ihr die Filme von Marvel und Co. noch genauso genießen wie vor ein paar Jahren? Oder gingen euch Superhelden schon immer sonst wo vorbei? Oder seid ihr ganz anderer Meinung und ihr freut euch immer noch auf jeden weiteren Marvel- und DC-Film?
(Bildquelle: imdb.com)
Erst mal: ein sehr schöner Zweiteiler!
Mein Interesse an Superheldenfilmen hat rapide abgenommen. Von DC habe ich seit Nolans Weggang nichts mehr gesehen (WW ist zumindest auf der Liste) und Marvel nach Avengers 2 weit zurückgefahren. Die einzige Serie, der ich weitgehend treu war, ist die X-Serie samt Ablegern (nur den ersten Wolverine Solo hab ich mir geschenkt). Bin ich älter geworden und „rausgewachsen“? Sind die Filme zu gleichförmig? Ist ein reiner Übersättigungseffekt eingetreten? Von allem wohl etwas.
Der Aufkauf von FOX kam, glaube ich, zu einem wahnsinnig ungünstigen Zeitpunkt.Deadpool und Logan hatten zumindest erste Ansätze von „revisionistischen“ Superheldenfilmen. Deadpool (den ich lieber mochte als Du) als Farce, Logan im Gewand des revisionistischen Westerns (wobei selbst Logan am Ende den Superhelden-Mythos nicht wirklich dekonstruieren mochte). Wie so etwas nun in Kevin Feiges 15 Jahrespläne passt ist fraglich. Ich habe immer Schwierigkeiten ihm große Vorwürfe zu machen. Er spielt natürlich auf Sicherheit, gleichzeitig jongliert er auch mit etwa 20 Tellern und wenn nur einer runterfällt, kann alles aus dem Gleichgewicht geraten.
DC könnte in Zukunft wieder spannend werde, vor allem weil sie Filme ausserhalb des Korsetts ihres Universums machen wollen. Eine Sorcese Joker-Origin? Klingt für mich z.B. erst mal toll. Ohne Jared Leto? 10 Punkte oben drauf! 😉
Quo Vadis Superhelden? Erst mal wohl nirgendwo hin. Die YA-Dystopien scheinen ein Sturm im Wasserglas gewesen zu sein und sind weitgehend vorbei, Universals traurige Versuche ihre Monster zu Superhelden zu machen ignorieren wir mal. Aber die Spandexträger haben so einige Fehltritte überlebt und scheinen zumindest in naher Zukunft keine besondere Evolution durchzumachen. Wenn Infinity War floppt? Dann werden alle Karten neu gesmischt. Ansonsten kann ich mir fast vorstellen, dass der Avengers Cast seine CGi Bildrechte an Marvel abtritt und, wie im Comic, zeitlos dasselbe Team auftritt. Okay, das ist gruselig…
In dem Sinne: Romanes Eunt Domus!
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Erst mal: Vielen Dank : )
Der Kauf von Fox (auch wenn er wohl noch nicht ganz durch ist) könnte im Zweifel auch das Pulverfass zum Überlaufen bringen. Noch mehr Superheldenfilme einer Firma? Vielleicht tritt dann das Übersättigungsgefühl noch schneller ein.
Zumindest soll ja Jaquin Phoenix den neuen Joker spielen, dann sind wir Leto los 😀
Eine gute (vielleicht leicht trashige) neue Monster-Filmreihe von Universal hätte ich eigentlich ganz gerne gesehen. In der Qualität von „Die Mumie“ wird das aber nichts.
Mittlerweile finde ich die Spekulationen und das Warten auf den ersten Flop interessanter als die Filme an sich.
Die Vorstellung ist wirklich gruselig, aber ich denke, dass der große Knall kommen wird und die Frage ist nur wann.
PS: Du gehörst wohl zu dieser neumodischen Judäischen Volksfront? Spalter!
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Okay, ich verlinke mal ganz dreist meine Beiträge zu dem Thema, bevor ich hier zu viel wiederhole:
Cinematische Universen: https://filmlichtung.wordpress.com/2017/11/11/das-leben-das-cinematische-universum-und-der-ganze-rest/
das dramatische Disney Fox Update: https://filmlichtung.wordpress.com/2017/12/06/cinematisches-universum-update-die-paralleluniversen-krise/
Disney Monopol Bedenkenträgerei: https://filmlichtung.wordpress.com/2018/01/20/coming-to-trademark-your-pop-cultura-the-walt-disney-company/
Kurz: die weitere Homogenisierung des Mainstreams durch Disney wurd sicherlich niemandem helfen…
Das Lustigste an der Universal Monster -Sache ist eigentlich, dass ‚ES‘ letztes Jahr bewiesen hat, dass ein gigantisches Publikumsinteresse an gut gemachten, lauten, populistischen Monsterfilmen besteht. Aber nach dem Dracula origins Ding und der Cruise Mumie dürften die bei universal wohl erst mal wieder im Giftschrank landen…
An Black Panther bin ich ehrlich gesagt interessiert, wie schon länger nicht mehr. Allein das afro-futuristische Design ist toll und ein frischer Wind. Abgesehen davon, dass ich Creed wirklich gut fand und wenn Coogler in die olle Rocky Serie neuen Wind bringen konnte, bin ich gespannt, was er mit Superhelden schafft. Ins Kino geh ich wahrscheinlich trotzdem nicht… 😉
zum letzten Punkt entlasse ich Dich mit der Frage: Was haben die Römer denn je für uns getan?
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Die Dreistigkeit sei dir bei so guten Beiträgen gestattet 😀
Black Panther hat mich tatsächlich auch wieder ein wenig interessiert, aber dann kamen die Kritiken. Die eine Hälfte feiert den Streifen als Meisterwerk, während die andere Hälfte (der ich mehr vertraue) sagt: Marvel, wie immer, bloß diesmal in Schwarz. Da war meine anfängliche Begeisterung auch schon wieder hin, denn ich gebe keine Geld fürs Kino aus, um eine gute Botschaft zu sehen, sondern für gute Filme.
Viel wichtiger: Was ist die Höchstgeschwindkeit einer nordafrikanischen Schwalbe?? Ne warte, falscher Film…
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