Heute begeben wir uns einmal ganz tief in die Geschichtsbücher der Filmhistorie. „Nenne deinen liebsten Filmklassiker“ – so lautet die aktuelle Frage und da stellt sich auch schon ein Problem heraus: Wie definiert man „Klassiker“. Ok, der Streifen sollte möglichst alt sein, so viel ist klar. So ein richtiger Klassiker muss für mich mindestens aus der Schwarz/Weiß-Ära kommen. Dazu kommen noch ein paar Definitionen aus dem Film-Lehrbuch, welche wir einfach dezent ignorieren. Deshalb geht es in den nächsten Zeilen um „Der große Diktator“! Moment, den hatte ich schon bei Frage 22… OK, dann nehme ich halt den besten Film aller Zeiten, wenn es denn unbedingt sein muss.
- Warum denn gerade DER?
Wie schon einmal an anderer Stelle erwähnt, bin ich nicht gerade die größte Leseratte. Ich liebe es allerdings, Film-Historien oder Kritiker-Bücher zu lesen. Das berühmteste Beispiel dafür ist wahrscheinlich „1001 Filme die Sie sehen sollten, bevor das Leben vorbei ist“. Eine sehr zu empfehlende Bibel für jeden Film-Nerd. Es ist aber egal, welches Buch man über die Geschichte des Films liest, ein Meisterwerk fehlt dabei nie: „Citizen Kane“! Meistens liegt der Film mit und von Orson Welles sogar auf Platz Eins der besten Filme aller Zeiten. So viel sei verraten, den Goldrang hat Kane bei mir nicht. Trotzdem würde auch ich ihn als einen der besten Filme der Welt bezeichnen und viele werden sich bestimmt fragen: Warum liebt jeder „Citizen Kane“ so sehr? Um dies zu ergründen, zitiere ich einfach mal das oben genannte Filmlexikon:
„Die eigentliche Bedeutung des Films liegt in seiner optischen Gestaltung: Gregg Toland entwickelte eine Technik der Tiefenschärfe, die Vordergrund, Bildmitte und Hintergrund gleich scharf erscheinen lässt, was dem Auge erlaubt, sich auf jeden beliebigen Bildausschnitt zu konzentrieren. Aus heutiger Sicht waren die Bildkompositionen bahnbrechend und selbst angesichts gewandelter Sehgewohnheiten bleibt Citizen Kane beeindruckend unvergesslich“.
Also alles nur eine Demonstration von neuer Technik wie etwa „Avatar“ oder „Jurassic Park“? Nicht ganz, denn für mich liegt der Fokus auf den letzten Satz des Zitates. Auch über 70 Jahre nach der Premiere kann der Film noch beeindrucken und wirkt innovativ. Er hat also den Test der Zeit überstanden und kann damit heute gefeiert werden. Dazu kommen noch ein paar Fakten, welche den Film noch interessanter machen wie z.B. dass Orson Welles gerade einmal 24 Jahre alt war und sich gegen eine riesige Hetz-Kampagne der Presse wehren musste. Es ist ein Streich der Geschichte, denn genau darum geht es auch in „Citizen Kane“. Ein Freund des Regisseurs sagte dazu:“ Welles habe einen autobiografischen Film gedreht, ohne es selbst zu merken“. Damit ist für mich auch geklärt, dass „Citizen Kane“ nicht nur wegen der eigenen Leistung so gefeiert wird, sondern auch wegen den unzähligen Geschichten und Legenden darum.
- Muss man Kane lieben?
Für mich sind die Geschichte und deren Erzählweiße der größte Pluspunkt im Film. Der Streifen beginnt mit dem Tod der Hauptfigur, dann kommt ein kompletter Überblick über dessen Leben, bevor es wirklich mit der Story losgeht. Dazu kommen die einfach fantastischen Schauspieler, grandiose Schnitt- und Kameraeffekte und ein Ende, welches zu Tränen rührt, aber auch zum Nachdenken anregt. Besonders letzteres kann man über den Film sehr viel. Es gibt unzählige Interpretation von „Citizen Kane“ und alle haben bestimmt ihren wahren Kern. Nicht nur technisch hat der Film also die Zeit überdauert, sondern auch thematisch. In Zeiten von „Fake News“ und Co. ist er wahrscheinlich sogar aktueller denn je. Das alles macht „Citizen Kane“ zu einem überragenden Film für mich. Allgemein geliebt wird er aber trotzdem nicht. Manche Kritiker sprechen sogar vom „überbewerteten Film aller Zeiten“. Deren Aussagen hören sich für mich aber eher nach Ausreden an. Jeder kennt diese überheblichen Kritiker, welche einfach nur unbedingt gegen den Strom schwimmen wollen. Viel mehr interessiert mich da die Meinung von normalen Film-Fans. Zu lang, zu langsam und zu übertriebene Charaktere. Das Meisterwerk wirkt mit Sicherheit nicht auf alle gleich. Ich finde jedoch, dass der Film wächst. Das heißt, umso öfter man diesen sieht, umso besser wirkt „Citizen Kane“. Schaut man sich dann noch Filme an, welche zeitlich 5 – 20 Jahre später gedreht wurden, merkt man auch den Einfluss von „Citizen Kane“ auf Hollywood. Sollte ich also jemanden einen echten Filmklassiker empfehlen, würde ich mich wahrscheinlich doch für „Der große Diktator“ entscheiden. Der ist witziger und die Gesellschaftskritik einfacher zu verstehen. Ist man jedoch erstmal auf den Geschmack dieser alten Filme gekommen, sollte ziemlich schnell „Citizen Kane“ im DVD-Player landen.
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